Rendezvouz am Col de la Schlucht - RV trifft Tour de France
"Die Tour de France kommt 2023 in die Vogesen, da könnten wir doch mal hinfahren". Während einige noch überlegten, hatte einer bereits einen Plan. Gert arbeitete schon an der Tour zur Tour, zur "Entscheidung im Elsass". Üblicherweise wird auf der letzte Etappe Richtung Paris nicht mehr um das gelbe Trikot gekämpft, die Entscheidung musste also spätestens am vorletzten Tag in den Vogesen fallen.
Vier Etappen sollten es sein. Start in Frankfurt, bis Karlsruhe, danach über Strasbourg nach Dessenheim und dann zum Treffpunkt mit der Tour und am letzten Tag nach Saarbrücken. So langsam formierte sich das Teilnehmerfeld, Cafe au lait und Croissants versprachen schließlich kulinarischen Genuß, aber auch gut 540 Kilometer mit 3000 Höhenmetern waren zu radeln. Axel, Christian, Dieter, Gert, Guna, Jörg und Rosi waren fest entschlossen mit dem Rad zur vorletzten Etappe der Tour zu fahren.
Los ging es am 20. Juli, am Treffpunkt in der Nähe des Hauptbahnhofes Frankfurt zur 1. Etappe nach Karlsruhe. Nach der ersten Übernachtung wechselten wir auf die andere Rhein-Seite und rollten nach Strasbourg zur Mittagspause, bevor es dann weiter am Rhein-Rhone-Kanal in Richtung Breisach zur nächsten Übernachtung in Dessenheim ging. Am Samstag starteten wir zu unserem Rendezvous mit der Tour. Letzter Verpflegungsstopp war ein kleines Cafe in Munster, nochmal Kalorien bunkern für den kommenden Berg.
Gut gelaunt ging es in den Anstieg zum Col de la Schlucht von Munster aus. Auf dieser Strecke sollten die Profis gut dreieinhalb Stunden später bergab rollen. Für die Ober-Mörler ein Berg der 1. Kategorie, über 18 Kilometer mit knapp 900 Höhenmeter Steigung, der erklommen werden musste.
Noch gehört der Berg den Fans, das sollte sich schnell ändern, schon bald kam der Tour-Tross den Berg hinauf. Zahlreiche Begleitfahrzeuge waren noch vor den Fahrern unterwegs, die später gegen 15:30 Uhr zur Bergwertung eintrafen. Erster am Col de la Schlucht war dann auch das gepunktete Trikot auf den Schultern von Guilio Ciccone, der mit 4 Radlängen Vorsprung jubelnd durch die Bergwertung fuhr. Der Ausreißer-Gruppe folgte dann mit etwas Abstand die Gruppe um das Gelbe Trikot und noch drei weitere große Gruppen, alle bejubelt und beklatscht von den vielen Fans. Ein Erlebnis für wenige Sekunden, aber die Begeisterung und die Stimmung hat auch uns mitgenommen und der Aufstieg hat sich gelohnt. So schnell wie das Feld durchgerauscht war, ist dann auch alles vorbei, der Besenwagen rollt noch über den Berg und sofort beginnt der Abbau und die Fans machen sich auf den Nachhauseweg. Auch vor uns lagen noch gut 35 Kilometer Radstrecke bis zu unserem nächsten Etappenort Saint Dié. Auf der letzten Etappe nach Saarbrücken machten wir auch nochmal über 1000 Höhenmeter auf der 142 km langen Strecke. Der Heimweg mit der Bahn wurde dann ausgiebig genutzt, um die Erlebnisse der letzten Tage nochmal revue passieren zu lassen. Kurz vor Frankfurt konnten wir noch die Zieleinfahrt der Profis in Paris am Smartphone miterleben. Au revoir le tour - schön war´s. Besten Dank an Gert, der die Tour perfekt geplant hatte.
Die Etappen im Detail:
Frankfurt-Karlsruhe
Vom Frankfurter Hauptbahnhof führte die Strecke quer durch Sachsenhausen nach Neu Isenburg. Weiter ging es über den Radschnellweg nach Darmstadt. Entlang der Bergstraße konnten wir frische Luft genießen, leichter Gegenwind aus südlicher Richtung blies uns entgegen. Nach der Überquerung des Neckars ging es dann vorbei am Hockenheimring. Herrliche Natur gab es es dann vor Karlsruhe, auf schattigen Wegen durch den Wald rollten wir unserem ersten Etappenziel entgegen.
Karlsruhe-Strasbourg-Dessenheim
Wenige Kilometer hinter Karlsruhe ging es mit der Fähre über den Rhein in Richting Strasbourg. Dort wurde dann erst mal Mittagspause gemacht. In der Altstadt machten wir Mittagspause und ließen uns leckere Flammkuchen schmecken. Entlang des Rhein-Rhone-Kanals ging es dann fast schnurgrade Richtung Breisach. Ein Regenschauer erfrischte uns für einige Kilometer und wir mussten noch zwei unfreiwilige Pausen einlegen, Gert und Jörg fuhren platt und mussten Reifen wechseln. Materialwagen haben halt nur die Profis, da gibt es einen Radwechsel und weiter geht´s. Gepäck vom Rad, Werkzeug raus, Rad ausbauen, Reifen wechseln, Rad einbauen, alles wieder verstauen, da ist schnell ´ne Viertelstunde rum. Mit leichter Verspätung erreichten wir dann Neuf Brisach zum Abendessen und fuhren danach noch weiter zur Unterkunft in Dessenheim.
Dessenheim - Saint Dié
Der Tag der Entscheidung im Elsass begann früh. Bereits um 6 Uhr 30 liefen wir beim örtlichen Bäcker ein und versorgten uns mit leckeren Croissants. Aufbruch zum Col de la Schlucht war dann um 7 Uhr 30, da waren die Profis noch in Regeneration begriffen und wie schon wieder im Sattel. Munster wurde angepeilt, zum letzten Stopp vor dem Anstieg. Für uns folgte ein Berg der ersten Kategorie, auf 18 Kilometern durch Stosswihr und Soultzeren mit gut 900 Höhenmetern. Für die Profis, die vom Lac de Lispach kamen war es nur eine dritte Kategorie. Oben angekommen, war dann erstmal Pause angesagt, durchschnaufen und die Atmosphäre aufsaugen, die sich langsam aufbaute bis zum Eintreffen der Tour. Der Berg füllte sich langsam, längst hatten die Profi-Zuschauer auf ihren Klappstühlen am Streckenrand Platz genommen, da fuhren immer noch Radlerinnen und Radler hoch zur Bergwertung und suchten sich ihre Plätze am Streckenrand. Mit viel Getöse rauschte dann die Werbekaravane über die Strecke und verteilte Goodies, das erinnerte von den Wagen her irgendwie an Fasching, viel Rambazamba und wenn man Glück hat, fängt man einen Werbeartikel. Ein Riesenspektakel, beim dem die Zuschauer am Streckenrand in Extase geraten. So richtig brennt die Luft dann aber erst wenn sich die Profis ankündigen, die Hubschrauber am Himmel begleiten das nahende Feld und die Spannung steigt. Wer wird zuerst oben sein? Wo sind die Trikots? Merde, auf dem Berg oben kein Internet-Empfang, wir lassen uns überraschen. Ciccone rollt als Erster über den Berg im Trikot des Kletterkönigs. Er jubelt und die Zuschauer sind aus dem Häuschen, auf den Absperrgittern wird getrommelt, was das Zeug hält. Die Stimmung großartig. Der Besenwagen ist durch und sofort beginnt der Abbau, nach der Etappe ist vor der Etappe. Auch wir schwingen uns auf die Räder und genießen die ersten 500 Meter der Abfahrt, bis es dann in den üblichen Stau auf der Abfahrt geht, Stopp and Go. Alle wollen nach Hause, es dauert eine gute halbe Stunde bis sich alles auflöst und wir unserem heutigen Etappenziel entgegen rollen können. In Saint Dié werden beim Abendessen nochmal die Eindrücke des Tages und erste Bilder ausgetauscht.
Saint Dié - Saarbrücken
Etappe 4, unser Finale nach Saarbrücken. Nochmal 140 Kilometer mit ordentlich Höhenmetern gespickt, aber der Wind ist diesmal auf unserer Seite und schiebt uns durch herrliche Landschaften. Zur Mittagspause in Sarrebourg fassen wir in einer Bäckerei nochmal Kalorien nach und müssen gleich nach dem Anstieg am Ortsausgang nochmal Luft nachlegen. Dank der elektrischen Pumpe von Rosi ist der Reifen schnell gefüllt und es rollt wieder. Entlang des Saarkanals kommen wir gut vorwärts und treffen in Saargemünd auf die Saar, der wir bis Saarbrücken folgen. Auf der Zugfahrt nach Frankfurt verfolgen wir dann noch online die letzten Kilometer der Profis in Paris. Mit der Zieldurchfahrt auf der Champs Elysee haben auch wir unser Ziel erreicht. In Frankfurt trennen sich unsere Wege und jeder macht sich auf den Heimweg. Nochmal eine halbe Stunde mit der Bahn bis Bad Nauheim, dann liegt auch dieses kleine Abenteuer hinter uns, die Tour zur Tour ist geradelt.