RV unterwegs 2024: Goethetour und Hanse-Gravel
- Details
- Veröffentlicht: Mittwoch, 26. Juni 2024 22:52
- Geschrieben von Jörg
Nicht alltäglich sind die beiden Touren, die unsere beiden RV'ler Christian und Gert unternommen haben. Die Goethetour, eine Vier-Tages-Etappenfahrt, die Anfang der 90er Jahre ins Leben gerufen wurde, um Radsport in Hessen und Thüringen zu verbinden. Christian berichtet aus dem Peloton der Goethetour 2024 aus Nordhausen. Von der Hansegravel, einer Bikepacking-Tour, die nach gps-Track gefahren wird, hat Gert seine Erlebnisse notiert.
Goethetour 2024 in Nordhausen
Auch in diesem Jahr ging es wieder - wie seit 1991 - an Christi Himmelfahrt mit den Rennrädern zur Goethetour. Vom RV 1910 Ober-Mörlen - im Jahre 2011 immerhin Gründungsinitiator des Vereins Goethetour e.V. - nahm Christian Wachtel zum wiederholten Male teil. 2024 war das Städtchen Nordhausen am Harz die Basis für die knapp 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Landschaftlich schön gelegen, war es der Start- und Zielpunkt für abwechslungsreiche Touren, zum Kyffhäuser-Denkmal, und auf den Brocken (freiwillig). Auch ein Besuch der KZ-Gedenkstätte Dora-Mittelbau wurde angeboten und rege genutzt. Insgesamt wurden rund 420 Kilometer und gut 4000 Höhenmeter bei trockenem Wetter absolviert.
2025 wird die Goethetour im thüringischen Ilmenau Station machen und sicherlich wieder viele Radlerinnen und Radler aus dem gesamten Bundesgebiet anziehen.
Hansegravel
„Mach das Licht aus, T.“, sage ich, „damit er uns nicht sieht.“ Aber das hat er bereits. Hier in Mecklenburg bleibt auf dem Land nichts verborgen. Er bleibt stehen, sieht zu uns herüber, ruft seine beiden Doggen und geht in unsere Richtung. Dabei war der Platz gut gewählt. Nach 130 harten Kilometern hatten wir einen trockenen, sauberen, ruhigen und bis dahin sicheren Schlafplatz gefunden. Müssen wir nun wieder einpacken? Morgens um 5.30 Uhr läutet der Wecker. duschen, frühstücken und fertig packen. Der Zug geht in Bremen um kurz vor sieben. Viele Pendler fahren auch mit Rädern nach Hamburg. A. und ich sind zum Start des HanseGravel in Hamburg am Elbpark Entenwerder unterwegs. Das ist eine Bikepacking-Abenteuerfahrt im Selbstversorgermodus. Auf den Spuren der Hanse folgen wir dem Hanseatenweg von Hamburg nach Stettin. Der Weg orientiert sich am Verlauf alter Handelsrouten und soll sowohl an die Bedeutung der Hanse erinnern als auch zur europäischen Völkerverständigung beitragen. Soweit der Veranstalter, René. Es gibt keine zeitlichen Vorgaben, es ist kein Rennen, es ist eine gemeinsame Tour Gleichgesinnter, die sich unterwegs immer wieder treffen werden. Trotzdem werden einige versuchen, so schnell wie möglich die gut 600 Kilometer bis Stettin zu fahren. Bei der ersten Ausrichtung habe ich die Strecke in dreieinhalb Tagen gut geschafft. Die Schnellsten sind 2024 unter 24 Stunden unterwegs; andere werden sich eine Woche Zeit lassen. |
In Hamburg fahren wir im Nieselregen zum letzten Café vor dem Entenwerder. Zweites Frühstück. Vor dem Laden stehen schon jede Menge bepackter Räder, innen ist die Schlage so lang, dass erste Kontakte leicht entstehen. Am Entenwerder sind von den ca. 100 Starterinnen und Startern nur etwa 30 da, die ersten sind schon los, die letzten stecken noch in den verspäteten Zügen. T. ist inzwischen von seinem Übernachtungsplatz in Hamburg auch angekommen. Da es inzwischen richtig regnet, fahren wir drei auch los. Die Regensachen sind am Körper, so dass es an der Alster entlang flussaufwärts Richtung Quelle geht. Noch in der Stadt müssen Treppen, Ampelkreuzungen und viele Straßen überwunden werden. Langsam wird es ruhiger. Dann ist der erste Plattfuss auch da, und einige Graveller überholen uns. Weiter geht es im Regen, die Wege werden schmaler, Singletrails folgen; dem Schlamm und Matsch weichen wir erst noch aus, später ist es uns allen völlig egal. Der Dreck trocknet später zu einer grau-braunen Schicht, die irgendwann abblättert. |
In Bad Oldesloe hat der Regen aufgehört, der Bäcker macht seinen Jahresbestumsatz. Der Platz am Brunnen ist zu einem Treffpunkt der HanseGraveller geworden. Räder und Ausrüstung werden verglichen. Von schmalen 28er Reifen bis zum Fatbike ist alles vertreten. Die meisten fahren jedoch Gravelbikes mit 38 – 44 mm breiten Reifen. Das Gepäck ist meist im Seatpack oder auch in wasserdichten Beuteln auf Gepäckträgern oder am Lenker. Schutzbleche sieht man selten, obwohl sie Sinn machten. Der Rennlenker ist das Erkennungsmerkmal. Nun werden die Wege auch etwas besser. Teilweise eher für Mountainbikes geeignet, ist nun der Wald- und Feldwegeanteil höher. Überhaupt ist der asphaltierte Anteil erfreulich niedrig. |
Es gibt richtig harte Abschnitte, die mit kaum mehr als 10 km/h befahren werden können, aber auch ein paar Waldautobahnen. Flach ist der Weg allerdings nicht; am ersten Tag waren es 700 Höhenmeter auf 130 km. Heftige Schiebeabschnitte fordern uns. Kurz vor Lübeck der zweite Plattfuß, ein Steinsplitter steckte in der Reifendecke. Danach geht es per Bus unter der Trave durch, um kurz darauf die Fähre wieder zurück auf das östliche Ufer nach Priwall zu nehmen. Dort gibt es leckere Fischbrötchen und wir suchen uns einen Platz für die Nacht. Waldhütten gibt es in Mecklenburg-Vorpommern nur wenige, hier finden wir keine. Dann bekommen wir einen Tipp: Im nächsten Ort steht eine Scheune für Stroh, da könne man schlafen. |
Die Scheune, mehr Dach als Wände, ist ideal. Dann kommt der Doggenbesitzer. Er hat seine Tiere gut im Griff, wirft nur einen kurzen Blick auf uns und geht weiter. Die Nacht ist kalt, leichte Feuchtigkeit weht über die Nasen, die aus den Schlafsäcken als einziges herausschauten. Am Morgen hält uns wenig, Hunger und Kälte treiben uns weiter nach Grevesmühlen. Bei einem zufälligen Halt entdecken wir ein altes Schild, das auf eine Werkskantine mit Frühstück hinweist. Es ist ein Glücksgriff. Gutes, preiswertes Essen, ein warmer Raum und saubere Toiletten – und die Räder haben wir im Blick. Was will man mehr. |
Leider ging der Tag nicht so gut weiter. Mittags sind wir erst in Wismar – das hatte ich 2019 abends schon erreicht. Meine Plattfuss-Serie setzt sich fort, ein Loch in der Reifendecke kommt hinzu, und der Reifen läuft nicht mehr rund. Nachmittags, kurz vor Rostock, lasse ich die Beiden allein weiterfahren, halte mich nicht weiter auf und nehme den Zug Richtung Süden. Auf halber Strecke kommt der zweite Overnighter hinzu. Dann bin ich wieder zu Hause und ziehe den Splitter aus der Reifendecke heraus. |